Max Seeck: Waiseninsel

Cover des Buches von Max Seeck: Waiseninsel. Thriller, Lübbe 2023.
Max Seeck: Waiseninsel. Thriller, Lübbe 2023.

Die Bestseller-Serie rund um die finnische Ermittlerin Jessica Niemi ist in die nächste Runde gegangen - und erneut zeigt Autor Max Seeck eindrucksvoll, warum er den Ruf eines Meisters des skandinavischen Thrillers besitzt.

Denn alles an diesem Buch ist genretypisch "Nordic Noir": Mit Jessica Niemi, die man übrigens nicht kennen muss, um der Handlung zu folgen, gibt es eine verzweifelte, problembehaftete und doch durch und durch liebenswerte Ermittlerin. Der Schauplatz, eine einsame Insel mitten im Winter, wird nur noch von einzelnen vorbeitreibenden Eisschollen in seiner Düsternis getoppt. Und der Fall dreht sich um ein jahrzehntealtes Geheimnis, das in der Gegenwart zu Morden führt.

Nordic Noir at it's best

Fast erscheint es unnötig zu sagen, dass das verhältnismäßig überschaubare Figurenensemble auf der Insel durchweg geheimnisvoll und bedrohlich daherkommt. Die wenigen Details, die es um das alte Geheimnis zunächst gibt, verraten die Menschen nur widerstrebend und in rätselhaft erscheinenden Häppchen. Dazu gibt es eine klare Sprache mit kurzen Sätzen und durchweg düsteren Vergleichen. Das so von Max Seeck geschnürte Gesamtpaket ist so gradlinig , dass Fans von düsteren nordischen Krimis das Buch einfach lieben müssen, während es allen anderen schlicht zu düster sein wird. Dabei scheint es sich, wenn man Rezensionen zu den anderen Büchern liest,  bei "Waiseninsel" noch um einen harmloseren Band der Reihe zu handeln.

 

Die Geschichte nimmt verhältnismäßig gemächlich Fahrt auf, und auch die Bedrohung ist keineswegs von Anfang an präsent. Im Gegenteil, der Autor führt uns zunächst eine verzweifelte Ermittlerin vor Augen, der das Leben gleich mehrfach übel mitgespielt hat. Nach einem Vorfall mit einem aufdringlichen Mann geht ein Video im Netz viral, dass sie beim Einsatz von Gewalt zeigt. Eigentlich ist alles ein großes Missverständnis und Jessica das Opfer - doch natürlich wird sie dafür bestraft und in Zwangsurlaub geschickt (nicht vergessen: Wir befinden uns in einem Nordic-Noir-Thriller ;)).

Ermittlerin im nicht ganz so erholsamen Erholungsurlaub

Der Urlaub scheint ihr dann auch zunächst wider Erwarten recht gut zu tun. Zwar wird die Ermittlerin direkt von den Downern abhängig, die sie nimmt, um einschlafen zu können, aber auf der einsamen Insel kommt sie mit Hilfe von stundenlangen Spaziergängen zur langersehnten Ruhe. Leider wird diese Ruhe schon bald durch die Ankunft weiterer Gäste gestört: Eine Gruppe Senioren, die jedes Jahr um die Zeit auf die Insel kommt, macht sich in der Pension breit. Die Inhaber erzählen Jessica die Legende vom Mädchen im blauen Mantel, einem Waisenkind, das nach dem 2. Weltkrieg auf der Insel lebte und eines Tages spurlos verschwand. Angeblich soll man sie bis heute nachts an ihrem Lieblingsplatz auf dem alten Anleger stehen sehen können. Die Neuankömmlinge sind ebenfalls ehemalige Waisenkinder, die einst zusammen mit dem Mädchen hier lebten. Jessica hingegen ist fasziniert von der Legende, erkennt in dem einsamen Mädchen sich selbst. Und dann wird einer der alten Menschen unversehens tot aufgefunden ...

Obwohl sich "Waiseninsel" auch ohne Wissen um die bereits erschienen Fälle lesen lässt, ist es wohl am besten, die Serie um die toughe finnische Ermittlerin in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Dann müsste mit "Hexenjagd" begonnen werden, gefolgt von "Teufelsnetz" und "Feindesopfer". Der zuletzt erschienene Band ist dann "Waiseninsel".


Max Seeck: Waiseninsel. Thriller. Lübbe 2023, 397 Seiten, 17 €

ISBN: 978-3-7857-2868-0

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