Die Urban Fantasy des britischen Comedian McDonnell ist so erfrischend, witzig und skurril, dass ein einzelnes Buch einfach nicht ausreicht. Zum Glück hat der Autor aus "The Stranger Times" mittlerweile eine Trilogie gemacht. Der Inhalt: Die Looser in der Redaktion von "The Stranger Times", einer Zeitschrift, die sich mit Verschwörungsmythen aus aller Welt beschäftigt, bekommen es plötzlich mit wirklichen Monstern zu tun. Der Untertitel des ersten Bandes, "Was, wenn die wirklich seltsamen News die einzig wahren wären?", bringt es schön auf den Punkt.
Natürlich ist der "Oh mein Gott, XY existiert wirklich!"-Plot in der Urban Fantasy Einstiegsvoraussetzung und kommt daher wenig überraschend. Schön - und manchmal zum Brüllen komisch - sind allerdings die Reaktionen der einzelnen Redaktionsmitglieder auf das vermeintlich Unsterbliche und Übermächtige. Natürlich stellt sich heraus, dass auch die Redaktion nicht ganz so mundan ist wie eingangs vorgestellt. Aber vor allem ist das Team aufgrund der jahrelangen Arbeit für die Stranger Times ziemlich abgestumpft und nimmt wirklich nichts mehr richtig ernst ...
C.K. McDonnell: The Stranger Times
Im ersten Band, einfach nur "The Stranger Times" betitelt, lernen wir anhand der sich verzweifelt auf Jobsuche befindenden Hannah Willis die Redaktion kennen. Zu ihrer eigenen Überraschung erhält Hannah nach einem merkwürdigen Vorstellungsgespräch tatsächlich den Job der stellvertretenden Chefredakteurin bei "The Stranger Times". An ihren ersten Arbeitstagen schlägt sie angesichts eines alkoholsüchtigen und jähzornigen Chefredakteurs, einer tief christlichen Büroleitung und dem dauerbekifften Arbeiter in der hauseigenen Druckerei erst mal die Hände über den Kopf zusammen. Als sich dann aber unerklärliche Vorfälle häufen, zeigt sich, was in jedem einzelnen Redaktionsmitglied steckt - und Hannah lernt, dass die wirklich schlimmen Bedrohungen nicht vom eigenen Team ausgehen. Die Spannung steigt, und spätestens ab hier gibt es reichlich Krimi- und Thriller-Elemente. Aber keine Angst, die werden immer wieder durch Situationskomik, Selbstironie und mannigfaltige Absurditäten aufgelockert. Natürlich kann das Team am Ende die Bedrohung abwenden - nur um mit der Information belohnt zu werden, dass es eine große Weltverschwörung gibt, die heimlich alles kontrolliert. Genug Stoff für einen zweiten Band also.
C.K. McDonnell: This Charming Man
Die Redaktion von "The Stranger Times" wird im zweiten Band mit einer Reihe von Blutsauger-Vorfällen in Manchester konfrontiert. Die Journalisten beginnen zu recherchieren, aber alle, auch die sagenumwobenen Alten, die alles kontrollieren, sind sich einig: Vampire gibt es wirklich nicht. Das scheint die Vampire in Manchester allerdings nicht zu interessieren, und so gibt es einen neuen Fall für die Redaktion, in der sich nebenbei weitere Enthüllungen über einzelne Redaktionsmitglieder ankündigen.
Weitere übernatürliche Charaktere werden ebenfalls eingeführt - stellvertretend genannt sei der dauergenervte Unsterbliche, der aufgrund eines Fluchs auf einem Hausboot lebt, dass er nicht verlassen kann und der, bei egal welcher Frage, immer die Wahrheit antworten muss. Leider zieht er es manchmal vor, einfach gar nicht zu antworten, was eine merkwürdige Bestechungsmechanik am Ufer des Flusses etabliert hat. Wem das noch nicht absurd genug ist: Sein Mitbewohner ist ein sprechender Hund ...
C.K. McDonell: Love Will Tear Us Apart
Zu Anfang des dritten Bandes gibt es erst einmal eine große Überraschung: Offenbar hat Hannah spontan ihren Job gekündigt und ist verschwunden. Alle in der Redaktion sind sauer, weil sie sich von ihr ungerecht behandelt fühlen. Zwar ahnen die Lesenden, die die letzten beiden Abenteuer vor allem durch Hannahs Augen miterlebt haben, dass mehr dahinterstecken muss, doch der Autor geht das Wagnis ein, über weite Strecken des Buches zu verschweigen, was eigentlich passiert ist. Das ermüdet vor allem in der Mitte des Buches. Dafür sorgt gleich zu Anfang eine wunderbare Szene mit dem intelligenten, aber dauerbetrunkenen und jähzornigem Chefredakteur Vincent Bancroft für einige Brüller, in der er einen Anwärter auf den jetzt vakanten Stellvertreter-Job eindrucksvoll verjagt. Dabei hat Vincent selbst ganz andere Probleme, denn seine verstorbene Frau versucht offenbar, ihn aus dem Geisterreich heraus zu kontaktieren. Zudem wendet sich die Schwester eines ehemaligen Mitarbeiters an die Redaktion, weil ihr Bruder verschwunden ist.
Und Hannah? Die lässt sich derweil in einem Luxus-Retreat von ihren Problemchen heilen ...
Absurditäten wie bei Terry Pratchett
Wer Terry Pratchett und britischen Humor mag, wird "The Stranger Times" lieben! C.K. McDonnell schreibt treffsicher, temporeich und mit viel Sympathie für seine Figuren, die er in eine absurde Situation nach der nächsten schickt. " The Stanger Times" ist ein Vergnügen, wie man es in den letzten Jahren nur noch selten auf dem Buchmarkt gefunden hat: Originell, spannend und voller kluger Anspielungen auf unsere Gesellschaft. Das macht das Buch auch für alle lohnenswert, die eigentlich mit Themen wie Fantasy und Mystik nichts am Hut haben.
Bleibt noch die Frage, ob es eher das Buch oder das Hörbuch sein darf. Das Hörbuch ist hervorragend von Sasha X. gelesen, die es vermag, allen Figuren einzelne Stimmen zu geben und den Humor wunderbar zu transportieren. Die Bücher, teilweise bereits auch auls Taschenbuch erschienen, punkten hingegen mit hochwertiger Ausstattung (Hardcover, schwarzer Anschnitt, Lesebändchen) sowie Ausschnitten aus der Stranger Times.
Wie geht es weiter?
Hier geht es zur Verlagswebseite mit der Vorstellung von Band 1. Links zu den weiteren Bänden gibt es unten auf der Seite.
Übrigens: Band 4, "Relight my Fire", ist bereits in Vorbereitung und bei Eichborn für den 31. Mai angekündigt.
Mehr absurde, unterhaltsame und spannende Romane stellen wir an dieser Stelle von NRW Alternativ vor.