Lust auf einen stimmungsvollen Urlaubskrimi? Dieser hielt spielt allerdings weder in der Bretagne noch in Italien, sondern einmal ganz wo anders: in der Gegend, die Menschen aus Nordrhein-Westfalen vermutlich alle zumindest von einem Kurztrip ans Meer kennen - in Zeeland.
Für einen deutschen Regiokrimi ist das neues Gebiet - und beim Lesen fragt man sich, wieso nicht schon längst jemand auf die Idee gekommen ist, dieses wunderschöne Fleckchen Erde zum Schauplatz einer Mordermittlung zu machen.
Für alle, die die Gegend rund um Domburg, Middelburg und Terneuzen noch nicht kennen, nur so viel: Die südwestlichste Ecke der Niederlande besteht aus mehren Inseln und Halbinseln. Das Festland grenzt an Belgien. Große Städte sucht man, im Gegensatz zur urbanen Landesmitte, hier vergeblich. In Zeeland gibt es kleine, gemütliche Orte, jede Menge deutsche Touristen und ganz viel Meer. Das Setting ist also schon ziemlich entspannt, aber das reichte Carla Capellmann offenbar noch nicht.
Sie lässt ihre junge Protagonistin, Frederike genannt Freddie, nämlich auf Drängen ihrer besten Freundin Miriam auch noch an einem Yogaseminar teilnehmen. Das dauert eine Woche und findet in einem umgebauten Schloss in Zeeland gleich hinter den Dünen statt. Eigentlich genau die richtigen Voraussetzungen also, um mal so richtig abzuschalten und zur Ruhe zu kommen.
Die quirlige und neugierige Freddie steht den Flip-Flop-tragenden Yogis zuerst skeptisch gegenüber, findet aber bald Gefallen an den herausfordernden Übungen für Körper und Geist. Sie hofft, während der Woche in Zeeland auch Klarheit über ihre Beziehung zu Jan zu bekommen, denn an dessen Treue kann sie nicht so recht glauben. Doch Freddie wird mit einem Schlag aus ihren Selbstfindungs-Gedanken gerissen, als sie gleich am ersten Abend eine Tote findet. Eine Teilnehmerin des Seminars wurde erwürgt - und die Polizei hat ganz viele Fragen. Freddie wird nicht nur verhört, weil sie die Tote gefunden hat, sondern auch, weil sich herausstellt, dass ausgerechnet Jan mit der Toten befreundet war.
Für Freddie beginnt damit eine spannende Spurensuche. Sie will nicht nur herausfinden, wer die Frau ermordet hat, sondern auch, welche Rolle ihr Freund in der Sache spielt. Und je mehr sie herausfindet, umso verwirrender wird die Gemengelage. Zwischendurch scheint es so, als hätte fast jeder vor Ort ein Motiv. Doch Freddie bleibt hartnäckig und kommt der Wahrheit schließlich näher als ihr lieb ist ...
Carla Capellmann hat nicht nur viel Lokalkolorit in ihren Krimi einfließen lassen, auch Kenntnisse von Yogakursen fügen sich harmonisch in das Szenario ein. Dazu passt, dass die aufgeweckte Freddie regelmäßig launige Wortspielereien zwischen Yoga, Entspannung und Mord kreiert. Da bekommen kontemplative Sätze wie "Jeder Mensch hat eine vorbestimmte Anzahl an Atemzügen" gleich eine ganz neue Bedeutung. Das macht beim Lesen richtig viel Spaß!
Zusätzlich agieren die Niederländer auch schon mal in ihrer Landessprache. Für alle, die des Niederländischen nicht mächtig sind, werden die entsprechenden Wörter in einem Anhang erklärt. Die Kapitelüberschriften sind gleich zweisprachig gehalten, was unmittelbar zum Flair beiträgt.
Wer also immer schon mal wieder Urlaub in Zeeland machen wollte, kann das in diesem Jahr auch ganz coronakonform im Kopf erledigen. "Tod in Zeeland" entführt nämlich von der ersten Seite an nach Holland und ist dabei nicht nur eine spannende, sondern auch eine entspannende Lektüre. Selten haben diese beiden Gegensätze so gut zusammengepasst wie in diesem beeindruckenden Debüt.
Carla Capellmann: Tod in Zeeland. Kriminalroman, 288 Seiten, Emons Verlag
ISBN 978-3-7408-1113-6
13,00 Euro
Hier lang zur Buchseite des Verlages für mehr Infos.
Mehr über die Autorin und ihr Werk gibt es unter carlacapellmann.de
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