Die Postpunker aus New York legen nun ihr bereits drittes Album vor. Nach „Veins“ und „Fragments“ ist "Thin Skies" jedoch das erste, das auch in Europa in größerem Maßstab wahrgenommen wird. Das hat seine Gründe: „Thin Skies“ reitet auf der mittlerweile etablierten Retrowelle. Das Album bringt konsequenterweise alles mit, was Fans des 80er-Jahre-Wave brauchen: jede Menge Halleffekte, düstere Elektronik und flirrende Gitarrenklänge. Dazu gibt es den charmant halligen Gesang von Panther Almqvist. Mit von der Partie ist bei den Bootblacks aber auch - und das unterschiedet die New Yorker von einem Großteil der anderen Genrevertreter - verspielte, tanzbare Elektronik.
Das Album klingt darum bisweilen so, als hätten Covenant zwischendurch mal durch den Türspalt des Aufnahmestudios gelinst oder als wären Depeche Mode zusammen mit The Cure kurz zum Händeschütteln vorbeigekommen.
Hits von damals für die Tanzfläche von heute
Die Kombination von Wave und Elektronik klingt verdächtig nach Tanzfläche, und genau da lassen die meisten der neun Stücke sich ganz wunderbar vorstellen. Angefangen mit „Traveling Light“, dem ersten Lied des Albums, das mehr oder weniger direkt aus den 80ern teleportiert worden zu sein scheint. Experimenteller klingt dann „The Jealous Star“. Die Nummer mischt technoide Elektronik mit typischen Darkwave-Elementen zu einem harmonischen Ganzen – na ja, so harmonisch wie Postpunk eben klingen kann. Menschen, die keine stilistischen Brüche mögen, sind wohl spätestens ab diesem Zeitpunkt ausgestiegen. Dabei kommt der folgende Titeltrack „Thin Skies“ wieder deutlich klassischer daher: ruhiger und düsterer Wave schmeichelt sich in die Gehörgänge.
Doch direkt danach folgt mit „Hidden Things“ eine eindeutig moderne Einladung auf die Tanzfläche, in der die Elektronik die Hauptrolle spielt. Da hat sich glatt waschechter EBM unter den Wave gemischt! Mit „Parallel“ geht es anschließend noch weiter in die elektronische Richtung, gleichwohl bei dem Song eindeutig die Atmosphäre und nicht so sehr die Tanzbarkeit dominiert. „Nostalgia Void“ ist dann, ganz dem Titel gemäß, eine Hymne an den Darkwave der 80er Jahre. Das nachfolgende „Brouhaha“ mischt einige dieser Elemente mit Post-Rock Attitüde und wirkt dabei plötzlich hell und luftig.
„New Lines“ greift anschließend wieder voll in die Kiste mit melancholischer Düsternis, bevor das Album mit „Inextinguishable“ genau so abschließt, wie es der Name suggeriert: Gänzlich ungezähmt werden hier in ruhigem Tempo noch einmal sämtliche bisher gebrauchten Elemente vor dem Leitmotiv einer hallenden Gitarrensaite durcheinandergemischt.
Elektronische Harmonien mit Post-Punk-Attitüde
Auf dieses Album, das eigenwillig verschiedenste Einflüsse kombiniert, muss man sich einlassen. Fast jeder Song besitzt seine ganz eigene Tonalität, seinen eigenen Schwerpunkt zwischen tanzbar und melancholisch, zwischen retro und futuristisch. „Thin Skies“ klingt mitunter so, als könnte die Scheibe auch von mehreren Bands gleichzeitig komponiert worden sein. Das Gesamtwerk wirkt daher eher wie ein düsterer Filmsoundtrack samt Höhen und Tiefen, weniger wie ein Album aus einem Guss.
Für Darkwaver und Postpunker ist der Spagat zwischen Tradition und Moderne in jedem Fall ein mehrmaliges Hören wert. Aber auch Experimentalelektroniker können Freude an der eigenwilligen Mixtur haben. Schade nur, dass das Album mit einer knappen halben Stunde Spielzeit und neun Tracks verhältnismäßig kurz ausfällt. Da wäre noch Platz für das eine oder andere zusätzliche Experiment gewesen ...