„Herzlich willkommen im Abenteuer Salz!“ begrüßt die Homepage der Westfälischen Salzwelten ihre Besucherinnen und Besucher. Ein Erlebnisort, ein Science Center will das Museum im kleinen Kurort Bad Sassendorf sein. Ein Museum rund um den Alltagsstoff Salz ist leicht vorstellbar, aber in dem Zusammenhang eine hochmoderne, multisensorische Einrichtung zu denken, fällt schwer. Salz als Abenteuer – kann das gehen? NRW Alternativ hat sich auf Entdeckungstour begeben.
Gleich zu Anfang des Besuchs wartet die erste Überraschung: Das Museum ist kein kleines Gebäude irgendwo in der Fußgängerzone, sondern liegt idyllisch in einer parkähnlichen Hofanlage mit verschiedenen Fachwerkgebäuden. Die Westfälischen Salzwelten residieren dort nicht nur im eigentlichen Museumsgebäude, sondern auch in den umliegenden Häusern. Aktuell wird dort noch um- und angebaut, aber spätestens 2021 werden in den einzelnen Gebäuden ergänzend zum Museumsbesuch verschiedenste Kurse und Workshops angeboten. Vom Kindergeburtstag über Seifensieden, Pökeln und Badesalzherstellung bis hin zu Erlebnistagungen ist in Bad Sassendorf dann vieles möglich. Sogar Heiraten kann man in diesem Museum!
Warum Menschen auf die Idee kommen könnten, sich ausgerechnet hier das Ja-Wort zu geben, versteht man, wenn man auf das Hauptgebäude zugeht. Der alte Bauernhof ist mittels futuristisch anmutender Anbauten zu einem Hybrid zwischen Tradition und Moderne geworden. Die gläsernen Konstruktionen, die den Bau nach Art atomarer Salzstrukturen ergänzen – ein Sinnbild auch dafür, wie sich der Kurort Bad Sassendorf heute versteht, und vielleicht auch für die Rolle von Salz in der modernen Gesellschaft? Jedenfalls wird schon vor dem Betreten des Museums klar: Es geht hier nicht nur um die Geschichte des Kurortes, sondern auch um Chemie, Medizin, Geschichte und Ästhetik.
„Dieses Museum ist kein herkömmlicher Bildungsort, an dem man nur passiv Texte lesen und antiquierte Exponate bestaunen kann“, bestätigt Museumsleiterin Jeanette Metz dann im Eingangsbereich den eigenen Anspruch, und ergänzt: „Obwohl Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus hierher kommen, sind wir für viele noch ein echter Geheimtipp.“
Geheimtipp für Museumsfreunde
Ein stilisierter Salzkristall weist den Weg durch die Ausstellung. Los geht es im Erdgeschoss, in dem man sich allerdings eher wie unter der Erde fühlt. „Das Design hier ist einem Bergwerk nachempfunden“, erläutert die Museumsleiterin. Wenn man darauf achtet, kann man sogar das Glitzern der Salzkristalle im Berg, äh, in der Wand entdecken.
Wir begeben uns zunächst auf eine Reise unter die Erde und versuchen herauszufinden, wo es überall Salz gibt. Und gleich geht es los mit der Interaktion. Das Museum fragt die Besuchenden persönlich: Was bedeutet Salz für dich? Wie sieht es aus? Weißt du, wie du es abbauen kannst?
Das sind spannende Aspekte, die Lust auf das Thema machen.
Spätestens hier wird klar: Mit einem herkömmlichen Kurmuseum haben die Westfälischen Salzwelten wirklich nicht das Geringste zu tun. Dennoch taucht im Laufe der Ausstellung natürlich immer wieder der Ort als Thema auf. Denn seit der Frühzeit ist die Sole Entwicklungstreiber in Bad Sassendorf. Das gesamte Ortsleben drehte sich um Salz, es hat den Ort geprägt. Doch mit der Industrialisierung der Salzproduktion war die reine Salzgewinnung nicht mehr wirtschaftlich. Da kam das Kurwesen gerade recht: Seither setzt Bad Sassendorf voll auf die Erholung durch Salz.
Für Kinder und Jugendliche gibt es noch Vertiefungsebenen zum Herausziehen. Gekennzeichnet durch - na klar - den Salzkristall. Hier gibt es aber auch für Erwachsene viel zu sehen und zu lernen. Zum Beispiel, dass es Salz auf der ganzen Welt gibt, aber die Vorkommen nicht überall gleich verteilt sind.
„Alles Salz ist maritimen Ursprungs, das heißt, auch Bad Sassendorf lag früher im Meer. Das ist lange her. Durch tektonische Verschiebungen haben sich die Salzschichten unter der Erde gebildet. Darum gibt es im östlichen NRW einen regelrechten Streifen, an dem sich die Orte der Salzgewinnung wie an einer Perlenschnur aufreihen“, weiß Jeanette Metz. Bad Sassendorf war damit gut dran: In früheren Zeiten führten Menschen sogar regelrechte Kriege rund um den begehrten Rohstoff.
Die Geschichte des Salzes beginnt mit seiner Struktur
Aber warum war und ist Salz so beliebt? Was ist denn Salz eigentlich genau? Mit der chemischen Struktur dieses Stoffes beschäftigt sich der nächste Bereich, in dem einige der Modelle an den Chemieunterricht in der Schule erinnern. Diese multiperspektivische Herangehensweise an das Museumsthema erscheint logisch und gefällt auf Anhieb. Zur Geschichte eines Stoffes gehört auch ein Einblick in seine Struktur und seine Eigenheiten. Bleibt nur die Frage, warum sich solche naturwissenschaftlichen Modelle in vielen anderen Museen (noch) nicht finden.
Nach dem chemischen Teil tauchen wir ein in die Salzgewinnung der Vergangenheit. Das Modell eines Gradierwerks kann hier spielerisch in Betrieb genommen werden. Ein Knopfdruck, dann tropft die salzhaltige Sole an den Schwarzdornzweigen hinunter und wird anschließend vom Siedeknecht zu Salz verarbeitet. Danach können alle selbst in die Rolle eines Siedeknechts schlüpfen und ausprobieren, wie sich Salzsieden früher anfühlte.
Interaktion wird groß geschrieben
In den Westfälischen Salzwelten, so viel ist klar, geht es vor allem ums selber machen und selbst erfahren. Dabei werden an verschiedenen Experimentierstationen alle Sinne angesprochen. Das ist für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen spannend und lehrreich. Darum gibt es neben herkömmlichen Ausstellungsstücken zahlreiche Touchscreens, Modelle, Riechstationen, Ratespiele und Dinge zum mit nach Hause nehmen: Tipps zum Umgang mit Salz zum Beispiel oder Fotos der eigenen Salzkristallformationen. So viel Interaktion bietet wirklich kaum ein anderes Museum.
Salzgeschichte auf mehreren Ebenen
Im Obergeschoss dreht sich dann alles um die Salznutzung einst und jetzt. Auch hier ist wieder vieles interaktiv: Es darf erraten werden, welche Lebensmittel wie viel Salz enthalten und das salzhaltige Wasser aus der Bad Sassendorfer Sole probiert werden. In diesem Ausstellungsteil kommen erneut verschiedene Aspekte zusammen. Salz spielte ja schon immer eine große Rolle bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln, wobei die meisten Lebensmittel von Natur aus bereits Salz enthalten. In der Ausstellung wird auch die schädliche Wirkung von zu viel Salz nicht verschwiegen. Aber, so Jeanette Metz: „Der menschliche Körper braucht Salz – nicht umsonst kommt man im Krankenhaus im Regelfall erst einmal an einen Tropf mit Natrium-Chlorid-Lösung.“
Im letzten Teil beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Gebrauch von Salz in Kurorten wie Bad Sassendorf. Hier lautet die überraschende Erkenntnis: Salze können tatsächlich heilen. In Bad Sassendorf förderten einst Trinkkuren, der Gang um das Gradierwerk und das Solebad den Gesundungsprozess. Diese Maßnahmen zeigen bis heute bei stimmten Krankheitsbildern wie Schuppenflechte, Allergien oder Verdauungsproblemen große Wirkung. In der Inhalationskammer kann die Wirkung salzhaltiger Luft selbst erfahren werden – zumindest theoretisch, denn coronabedingt ist dieses Erlebnis aktuell nicht möglich. Aber der Kurpark mit dem Gradierwerk ist ohnehin nur einen kurzen Fußmarsch entfernt, und auch dort lässt sich salzhaltige Luft einatmen.
Science Center und Erlebnismuseum
Gibt es das also, das Abenteuer Salz? Definitiv!
Wer hätte gedacht, dass hinter einem eigentlich so alltäglichen Stoff so viel Unterschiedliches stecken kann? Und dass ein Museum nicht nur in der Lage ist, die unterschiedlichen Aspekte zu vermitteln, sondern auch noch Lust darauf machen kann, sich weiter damit auseinanderzusetzen?
Kein Wunder, dass nicht nur Schulklassen, sondern auch private Gruppen und Einzelpersonen aus ganz NRW und darüber hinaus in die Salzwelten nach Bad Sassendorf kommen.
Sonderausstellungen und aktuelle Infos
Über die Dauerausstellung hinaus bieten die Westfälischen Salzwelten zwei Sonderausstellungen pro Jahr. Aktuell ist „Darf ich bitten? Kurschatten und Tanztee“ zu Gast - eine Schau, die sich mit der Tradition der Anbandlung im Kurort auseinandersetzt. Die Sonderausstellung ist noch bis zum 10. Januar 2021 in Bad Sassendorf zu sehen.
Das Museum hat auch in Corona-Zeiten geöffnet, allerdings eingeschränkt (hier stehen die aktuellen Öffnungszeiten). Zum Hygienekonzept gehört das verpflichtende Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und von Handschuhen, mit denen sich die Touchscreens und Mitmachstationen bedienen lassen.
Die Westfälischen Salzwelten liegen zentral in Bad Sassendorf. Vom Bahnhof sind es rund zehn Minuten zu Fuß zur Ausstellung.
Und wer vorab schon mal schnuppern möchte, kann auf den Seiten des Museums nicht nur alle Infos und Einblicke bekommen, sondern hier auch noch eine virtuelle Museumsführung machen:
https://www.westfaelische-salzwelten.de/de/Ausstellungen/Virtuelle-360-Fuehrung
Die virtuelle Tour bietet einen informativen und ausführlichen Einblick in die Ausstellung. Nur direkt vor Ort lässt sich noch besser in das Abenteuer Salz eintauchen.